In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat es viele Fortschritte für Frauen und ihre wissenschaftlichen Karrieren gegeben. Im universitären Kontext wurde der Benachteiligung von Frauen und weiblichen Forschungskarrieren unter anderem mit speziellen Förderprogrammen, Initiativen für Gleichbehandlung und gendersensiblen Auswahlverfahren entgegengewirkt. An der Fakultät für Chemie sind wir mit einem Frauenanteil von knapp 40 Prozent beim wissenschaftlichen Kernpersonal im Vergleich zu anderen naturwissenschaftlichen Fachbereichen recht gut aufgestellt. Mit steigender Karriereleiter, d.h. bei der Anzahl von Professorinnen, ist allerdings die Benachteiligung immer noch klar spürbar.

Die Abteilung Organisationskultur und Gleichstellung der Universität Wien hat in den letzten Jahren den Bereich Gender Monitoring kontinuierlich ausgebaut. Der Bericht “Gender im Fokus 7” vom Oktober 2021 gibt Aufschluss über die Geschlechterverhältnisse an der Universität Wien.[1]


An der Fakultät für Chemie sind 56% der rund 2.100 Studierenden Frauen. 46% der Doktorand*innen sind weiblich, unter den Postdocs lag der Frauenanteil bei 34% und bei Tenure-Track-Positionen nur noch bei 13%, unter Dozent*innen bei 27%. Nur 21% der Professuren werden mit Frauen besetzt. Verglichen mit dem hohen Frauenanteil unter den Doktorand*innen, ist dies ein eklatantes Ungleichgewicht. Im formal- und naturwissenschaftlichen Cluster der Universität Wien (dazu gehören Fakultät für Informatik, Fakultät für Physik, Fakultät für Chemie, Fakultät für Geowissenschaften, Geographie u. Astronomie und die Fakultät für Mathematik) lag der Frauenanteil aber nur bei 16%.

Der Frauenanteil im wissenschaftlichen Kernpersonal ist an der gesamten Uni Wien mit 45% annähernd ausgeglichen. Trotzdem publizieren Männer deutlich mehr: Im Jahr 2019 gab es 8212 Publikationen an der Universität Wien, die von 13511 Mitarbeiter*innen verfasst wurden. Davon waren 4833 Autorinnen Frauen, was mit 36% zwar über dem EU-weiten (34%) und gesamtösterreichischen (31%) Durchschnitt liegt, aber verglichen mit dem Frauenanteil von 45% im wissenschaftlichen Kernpersonal, wäre hier noch Luft nach oben.

Im Formal- und Naturwissenschaftlichen Cluster publizieren Frauen in zwei von fünf Fakultäten zumindest gleich viel wie Männer. Dazu gehören die Fakultät für Informatik, welche – abgesehen von der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaften – die einzige Fakultät ist, an der Frauen, gemessen an ihrem Anteil, mehr publizieren als Männer und die Fakultät für Physik. Auf der Fakultät für Chemie gab es zwischen 2017 und 2019 insgesamt 1190 Autor*innen von Publikationen. Bei 33%, also 390 Personen, handelt es sich dabei um Frauen. Bei einem Frauenanteil von 38% im wissenschaftlichen Kernpersonal ist hier also auch noch eine Diskrepanz von 5 Prozentpunkten ersichtlich.

Betrachtet man Uni Wien-weit die Publikationskategorie “Public Outreach”, zu der Interviews und Veröffentlichungen in nicht-wissenschaftlichen Medien wie Fernseh- oder Radiosendungen, Zeitungen oder Zeitschriften und Ähnliches zählen, so liegt der Frauenanteil hier an den meisten Fakultäten nochmal deutlich unter dem Anteil an anderen Publikationskategorien. Da Expert*innen in der Öffentlichkeit also normalerweise Männer sind, wird die Forschung auch außerhalb der Universität nach wie vor männlich wahrgenommen.

Die Zahlen zeigen, dass trotz Bewegungen in die richtige Richtung, noch immer eine eklatant ungleiche Geschlechterverteilung bei den universitären Spitzenpositionen herrscht.

Um Frauen in der Chemie und vor allem ihre Forschung vor den Vorhang zu holen, wollen wir in zukünftigen Ausgaben Berichte schreiben, in denen es um die Chemikerinnen selbst, ihre Ideen und Entwicklungen aber auch die Hürden, die sie überwinden mussten, geht.


[1] Gender im Fokus 7 (2021). Die Triangulation des Erfolgs: Publikationen,  Drittmittel und Mobilität an der Universität Wien. Abteilung Gleichstellung und Diversität der Universität Wien


Amanda Schütz

Ich habe immer schon gerne geschrieben und als im Sommer 2023 die Idee aufkam, eine Zeitung für die Chemiestudis zu veröffentlichen war ich sofort mit Begeisterung dabei. Ich habe instantan die Möglichkeit ergriffen die Geschichte der Frauen in der Chemie an ein breiteres Publikum zu bringen. In meiner monatlich erscheinenden Rubrik „Frauen in der Chemie“ konnte ich während der Recherche selbst sehr viel lernen und bin sehr dankbar, dass der INDIKATOR bzw. die IG Chemie mir das ermöglicht haben. Des Weiteren habe ich hin und wieder auch andere Artikel verfasst, die mir nicht weniger Spaß gemacht haben. So habe ich zwischen Oktober 2023 und Oktober 2024 einige Seiten gefüllt und befinde mich nun, aufgrund des Studienendes, im INDIKATOR-Ruhestand. Ich freue mich dennoch über alle, die auch jetzt noch, meine Texte lesen und dabei hoffentlich das ein oder andere neue erfahren :-)